P12: Charakterisierung und Nutzung prozessinduzierter Eigenspannungen bei der Herstellung von Funktionsflächen durch Near-Net-Shape-Blanking Verfahren

Eine Möglichkeit Funktionsflächen wirtschaftlich herzustellen sind Near-Net-Shape-Blanking Verfahren (NNSBV). Die Trennprozesse gehen mit großer plastischer Deformation einher und erzeugen daher Eigenspannungen im Bauteil. Bisher gibt es keine Ansätze diese umformtechnisch induzierten Eigenspannungen zu Nutzen beziehungsweise deren Druck- und Zuganteile entsprechend eines geforderten, bauteilspezifischen Eigenspannungsprofils gezielt einzubringen. Ziel dieses Forschungsvorhabens ist es, im Rahmen des sechsjährigen Schwerpunktprogramms den Eigenspannungszustand durch NNSBV hergestellter Funktionsflächen gemäß den gestellten bauteilspezifischen Anforderungen zu induzieren und somit deren Betriebsfestigkeit ohne kostenintensive Zusatzoperationen zu verbessern.

Ergebnisse der 1. und 2. Projektphase

Im Fokus der ersten Förderperiode stand die reproduzierbare und gezielte Einstellung eines gewünschten Eigenspannungsprofils. Dies wurde an einer einfachen Scheibengeometrie für fünf verschiedenen NNSBV untersucht, wobei signifikante Unterschiede je nach Wahl des Verfahrens hinsichtlich des Eigenspannungszustandes festgestellt wurden. Weiterhin konnte mithilfe von Schwingfestigkeitsversuchen die daraus resultierende Eigenschaftsverbesserung nachgewiesen werden. Trotz nahezu identischer Schnittflächengeometrie, Rauheit und Härte werden bei Bauteilen mit höheren Druckeigenspannungen mehr Lastspiele bis zum Bruch der Probe beobachtet. Durch den Vergleich mit spannungsarmgeglühten Bauteilen konnte dieser Effekt eindeutig auf den Eigenspannungszustand zurückgeführt werden. Neben der Wahl des NNSBV wurde der Einfluss der Prozessparameter Schneidspalt und Schneidkantenradius sowie der Schnittliniengeometrie auf Eigenspannungen und Schwingfestigkeit analysiert.

Im Mittelpunkt der zweiten Förderperiode stand neben der Quantifizierung von Störgrößen der quantitative Nachweis der Verbesserung der Bauteileigenschaften durch prozessinduzierte Eigenspannungen hinsichtlich der Zahnfußtragfähigkeit. An feingeschnittenen, leistungsübertragenden Zahnrädern aus dem Werkstoff S355MC konnte unter anderem gezeigt werden, dass der Eigenspannungszustand über den Matrizenschneidkantenradius beeinflusst werden kann (vgl. Abbildung 1).

Durch die richtige Prozess- und Prozessparameterwahl ist es möglich, wie in Abbildung 2 gezeigt, bzgl. der Zahnfußtragfähigkeit in Bereiche vorzudringen, welche sonst nur den spanend hergestellten, einsatzgehärteten Zahnrädern vorbehalten sind. Die Ursache für eine höhere ertragbare Anzahl an Lastspielen bis zum Zahnfußbruch liegt in dem eingebrachten Eigenspannungszustand. Zusätzlich wurden Untersuchungen zur Wälzfestigkeit an einem Zwei-Scheiben-Prüfstand vorgenommen. Diese Untersuchungen ergaben eine verbesserte Wälzfestigkeit für die Scheiben, welche höhere eingestellte prozessinduzierte Druckeigenspannungen aufwiesen.

Ziele der 3. Projektphase

Die in den ersten beiden erfolgreichen Förderperioden gewonnenen Erkenntnisse bzgl. der Beeinflussung des Eigenspannungszustands und der daraus resultierenden verbesserten Schwingfestigkeit an einfachen Prüfgeometrien (Kreisscheibe, C-Profil, Kurvenscheiben für Zykloidgetriebe) sowie an realen Verzahnungsgeometrien werden in der dritten Förderperiode auf eine Ritzel/Rad-Paarung übertragen. Somit wird die Möglichkeit zur wirtschaftlichen Herstellung von Funktionsflächen durch NNSBV ohne zusätzliche Wärmebehandlung oder Folgeprozesse weiterverfolgt.

In der dritten Förderperiode wird die Grübchentragfähigkeit als weiteres Auslegungskriterium, neben der Zahnfußtragfähigkeit, hinsichtlich der positiven Beeinflussbarkeit durch Eigenspannungen untersucht. Mithilfe bisher gewonnener Erkenntnisse wird zudem die Vorhersagbarkeit der Eigenschaftsverbesserungen bzgl. des Eigenspannungszustandes und der Tragfähigkeit sichergestellt und die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf ein Material mit höherer Festigkeit überprüft. Durch Laufversuche wird die zeitliche Stabilität des Eigenspannungszustands bei Wälzbeanspruchung unter realitätsnahen Einsatz- bzw. Betriebsbedingungen nachgewiesen.

Ansprechpartner

utg - Lehrstuhl für Umformtechnik und Gießereiwesen der Technischen Universität München

Projektleitung P12.B
Prof. Dr.-Ing. Wolfram Volk

Projektbearbeiter
Anian Nürnberger

FZG - Forschungsstelle für Zahnräder und Getriebebau der Technischen Universität München

Projektleitung P12.A
Prof. Dr.-Ing. Karsten Stahl

Projektbearbeiter
Daniel Müller

Veröffentlichungen

Übersicht über alle Veröffentlichungen aus dem SPP2013