P8: Gezielte Einbringung von Eigenspannungen durch geeignete Umformprozesse zur Erzeugung bistabiler, metallischer, vollständig geschlossener Rohrprofile

Ziel des Forschungsvorhabens ist die Auslegung eines Herstellungsprozesses zur gezielten Einbringung von Eigenspannungen während der kontinuierlichen Umformung hochfester Bandwerkstoffe, um metallische, bistabile, vollständig geschlossene Rohrprofile zu erzeugen. Die so erzeugten Produkte besitzen zwei stabile Geometrien und können im Vergleich zu monostabilen Strukturen auf eine Einhausung verzichten und somit das Transportgewicht reduzieren. Darüber hinaus weisen sie als vollständig geschlossenes Rohrprofil eine erhöhte Steifigkeit gegenüber aktuell verfügbaren, nur leicht gekrümmten Profilen auf.

Ergebnisse der 1. und 2. Projektphase

Die erste Phase hat erstmals gezeigt, dass für metallische Bänder Bistabilität kombiniert mit einem vollkommen geschlossenen Rohrprofil, durch die gezielte Einstellung von Eigenspannungen, möglich ist (Video 1). Darüber hinaus sind die verantwortlichen Eigenspannungen und die resultierenden Eigenschaften (Bistabilität, Profilradien) auch bei mehreren Zustandswechseln stabil. Damit wurde eine gänzlich neue Eigenschaftskombination für die hergestellten Produkte, durch Ausnutzung von Eigenspannungen, geschaffen. Zur Vorherbestimmung und Abschätzung der sich einstellenden Eigenspannungen konnten in der ersten Phase bereits Simulationsmodelle (FEM, Bild 1) und schnelle, semi-analytische Modelle (Bild 2) entwickelt werden. Ein Nachweis der Eigenspannungen erfolgte durch Eigenspannungsmessungen am Ausgangsmaterial und an unterschiedlich umgeformten repräsentativen Bauteilen. Die Messungen wurden durch die ebenfalls im SPP vertretenen Partner IWT (Bremen) und IAM-WK (Karlsruhe) durchgeführt. Zusätzlich wurde ein Konzept zur kontinuierlichen Herstellung von bistabilen Bändern entwickelt und die notwendigen FE-Modelle zur detaillierten Auslegung der Werkzeuge und Prozesskinematik implementiert.

Die zweite Phase hat weitere Erkenntnisse geliefert:

1) Neben dem zweistufigen inkrementellen Gesenkbiegen können auch durch eine Kombination aus inkrementellem Gesenkbiegen und Walzprofilieren bistabile Strukturen hergestellt werden (Bild 1). Durch diese neue Prozessroute wurde erstmals eine kontinuierliche Prozessroute aufgezeigt, mit der nahezu beliebige Bauteilabmessungen (hinsichtlich der Länge) verarbeitet werden können (Video 2).

2) Durch die validierten 3D-FEM-Modelle können alle Teilprozesse ausreichend genau abgebildet werden, sodass auch für verschiedene Werkstoffe vorab eine Prozessauslegung stattfinden kann und erreichbare Eigenschaften (Bistabilität, Krümmungsradien) quantifiziert werden können (Bild 2).

3) Mit dem erweiterten semi-analytischen Modell können Materialschwankungen und Prozess-abweichungen in ihrem Einfluss auf die erreichbaren Eigenschaften berechnet werden, sodass engere Prozessfenster und eine zielgerichtete Prozessführung bestimmt werden können (Bild 3).

Ziele der 3. Projektphase

Das übergeordnete Ziel des Forschungsvorhabens ist die Herstellung von bistabilen, vollständig geschlossenen, metallischen Rohrprofilen durch die gezielte Einbringung von Eigenspannungen. Innerhalb der vorherigen Antragsphasen konnte experimentell gezeigt werden, dass die Herstellung solcher Profile möglich ist. Weiterhin sind sowohl FE-Modelle als auch ein schnelles semi-analytisches Modell entwickelt und validiert worden, mit Hilfe derer die Bistabilität von Profilbauteilen sowie die zugrundeliegenden Eigenspannungsverteilungen in Abhängigkeit grundlegender Werkstoff- und Prozessparameter bestimmt werden können und Einflussgrößen abschätzbar sind. Aufbauend auf diesen Ergebnissen werden in der dritten Förderphase die folgenden Teilziele adressiert, die sich im Arbeitsprogramm entsprechend widerspiegeln:

  • Optimierung und Erweiterung der Prozesskette aus inkrementellem Gesenkbiegen und Walzprofilieren zur Herstellung langer bistabiler Rohre
  • Erstellung von Prognosemodellen für den Betrieb der Bauteile
  • Nachweis der Eigenspannungsstabilität und der Bauteileigenschaften unter gegebenen Anwendungsrandbedingungen

Ansprechpartner

Institut für Bildsame Formgebung der RWTH Aachen University

Projektleitung P8
Prof. Dr.-Ing. Gerhard Hirt

Projektbearbeiter
Pavlo Pavliuchenko, M.Sc.