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Den Kran per Touchscreen steuern: Forscher und Forscherinnen entwickeln intuitive Steuerungskonzepte für Krane

Fast jedes Kind hat schon einmal davon geträumt, einen großen Kran zu fahren. Bisher war die Bedienung der schweren Maschinen jedoch äußerst kompliziert. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Technischen Universität München (TUM) haben nun Konzepte für eine intuitive Kransteuerung entwickelt, die spielerisch einfach funktioniert.

Bild: Daniel Delang / TUM
Bild: Daniel Delang / TUM
Bild: Daniel Delang / TUM

Wer einen Kran benutzt, will damit in der Regel eine Last zu einem anderen Ort transportieren. „Das heißt, ich will den Haken, an dem die Last hängt, von A nach B bewegen“, sagt Felix Top, unser wissenschaftlicher Mitarbeiter. Allerdings wird bei den bestehenden Kransteuerungen nicht der Haken, sondern die einzelnen Antriebe des Krans angesteuert.

Der Grund: Früher waren die Stellhebel direkt mit den Antrieben gekoppelt. Für jedes Gelenk des Krans existierte ein Stellhebel, der in verschiedene Richtungen bewegt werden konnte. Der Fahrer oder die Fahrerin musste dann umrechnen, welche Gelenke wie bewegt werden mussten, um den Haken in die gewünschte Richtung zu steuern.    

Mittlerweile funktioniert die Steuerung der Antriebe mithilfe von Funksignalen. Auch sitzt der Fahrer oder die Fahrerin nicht mehr in einer Fahrerkabine, sondern kann mithilfe der Funksteuerung den Kran auch von außen bedienen. „Aber die Belegung der Stellhebel ist immer noch die gleiche“, sagt Top.   

Joystick und TouchScreen

Gemeinsam mit Lorenz Prasch vom Lehrstuhl für Ergonomie arbeitet wir an neuen Steuerungskonzepten. „Eine Steuerung sollte so direkt wie möglich funktionieren“, erklärt Prasch. „In der Ergonomie spricht man von der inneren und äußeren Kompatibilität. Damit wird das Phänomen beschrieben, dass es etwas so funktioniert, wie ich erwarte, dass es funktionieren sollte. Zum Beispiel erwarten wir, dass der Herd heißer oder die Musik lauter wird, wenn wir den Knopf nach rechts drehen.“

Die Forscher entwickelten drei unterschiedliche Lösungen. „Bei allen neuen Steuerungsvarianten wird nicht mehr der Kran, sondern die Last direkt gesteuert“, sagt Prasch.

Die Joysticksteuerung besteht aus einem Steuerungsmodul mit zwei Joysticks. Mit einem Hebel kann die Bewegung des Hakens in der Horizontalebene gesteuert werden. Wird der Stick nach rechts vorne bewegt, fährt auch der Haken aus Perspektive der Steuerung nach rechts vorne. Der zweite Joystick steuert das Heben und Senken der Last durch Heranziehen oder Wegdrücken des Sticks. Hierbei bewegen sich automatisch alle Kranantriebe gleichzeitig, so dass der Haken genau die gewünschte Bewegung ausführt.

Auf dem Tablet realisierten die Wissenschaftler ein ähnliches Prinzip: Eine Kamera an der Kranspitze zeigt ein Livebild. Durch Wischen auf dem Display kann der Nutzer bestimmen, wohin sich der Kran bewegen soll. Das Heben und Senken wird durch die Zoom-Geste bedient. Bei einer weiteren Steuerungsapplikation auf dem Tablet ist der Kran mit allen Antrieben visualisiert. Wird der Antrieb mit dem Finger in eine bestimmte Richtung bewegt, fährt auch der Kran in diese Richtung. Hier wird zwar nicht direkt die Richtung der Last gesteuert, sondern der Kran selbst. Doch der Benutzer muss nicht mehr wie früher überlegen, in welche Richtung der Antrieb gesteuert werden muss.

Intuitive Konzepte für Baumaschinen sind gefragt

„Unser Ziel ist es, dass jemand, der die Steuerung zum ersten Mal bedient, maximal einen Fehler macht, um herauszufinden, wie das System richtig funktioniert“, sagt Prasch. Die Steuerung soll für alle Benutzer leicht bedienbar sein, auch wenn diese keine Erfahrung haben.

Ob die Konzepte in Zukunft auch von der Industrie genutzt werden, ist noch nicht klar. „Aber intuitive Konzepte für Baumaschinen liegen im Trend“, so Top. „Und wir haben gezeigt, dass dieses Konzept auch für den Kran umsetzbar ist.“

 

Das intuitive Laststeuerungskonzept wurde am Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik sowie am Lehrstuhl für Ergonomie der Technischen Universität München im Rahmen des gleichnamigen IGF-Forschungsprojekts der Bundesvereinigung Logistik e.V. erforscht und über die AiF vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags gefördert.