Augmented Reality gestützte Planung

Augmented Reality (erweiterte Realität) ist ein Teilbereich der Virtual Reality. Unter AR wird die Überlagerung bzw. Erweiterung der menschlichen Wahrnehmung um rechnergenerierte virtuelle Informationen verstanden. Meist wird damit nur der visuelle Sinn angesprochen, indem dem Benutzer Informationen in seinem Sichtfeld kontextbezogen, d.h. zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, bereitgestellt werden. Die reale und die virtuelle Welt werden dabei derart kombiniert, dass eine echtzeitfähige Interaktion des Anwenders mit der dadurch neugeschaffenen, dreidimensionalen Umgebung möglich wird.

Die AR-Technologie bietet eine Vielzahl von Einsatzfeldern, die von militärischen Anwendungen über die Medizintechnik oder die Architektur bis in die Industrie, z.B. Qualitätssicherung, Prototypenbau, Service und Wartung oder Montage, reichen. In der Logistik gibt es ebenfalls interessante Einsatzfelder. In der Planung von Materialflusssystemen ist die Technologie bereits über das Prototypendasein hinaus und wird bereits in der Praxis eingesetzt.

Durch die stetig kürzer werdenden Produktlebenszyklen müssen die Produktionsanlagen ebenfalls immer schneller geplant bzw. umgeplant werden. Dies geschiet oft im laufenden Betrieb. Damit die Produktion möglichst ohne Probleme anlaufen kann, wird der Produktionsanlauf bereits virtuell vorweggenommen. Allerdings sind die virtuellen Daten der realen Fertigungsumgebung aufgrund der häufigen Umplanungen oft nicht auf dem aktuellesten Stand oder gar nicht vorhanden.

Bei diesen Problem in der Datenhaltung kann AR eine Abhilfe schaffen, indem die virtuell geplanten, neuen Produktionsanlagen oder neuen Produkte in die reale Produktionsumgebung eingeblendet werden und der virtuelle Planungsstand somit validiert werden kann. Es können damit z.B. Einbauuntersuchungen oder Kollissionsanalysen durchgeführt werden.

Der Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik hat zusammen mit BMW und dem AR-Software-Hersteller metaio ein Projekt durchgeführt, um zu prüfen, ob neue Bauteile mit der bereits vorhanden Fördertechnik transportiert werden können. So wird zur Vermessung möglicher Störstellen lediglich eine optische Markierung, ein so genannter Marker, und eine hoch auflösende Digitalkamera benötigt, mit der die kritische Stelle inklusive der Marker fotographiert wird. Mit dem entwickelten AR-Planungssystem roivis wird anschließend das virtuelle CAD-Modell positionsgenau und perspektivisch korrekt mit der digitalen Fotografie überlagert. Über verschiebbare Messgitter lassen sich Abstände und Kollisionen ermitteln. Dieser Vorgang wird an allen potenziellen Störstellen entlang der Fertigungs- und Förderlinie durchgeführt. Die Datenbasis (Foto, Makerposition, Kameraparameter) kann für Folgeuntersuchungen über den Fahrzeugentwicklungsprozess hinweg wieder verwendet werden. Vor dem Hintergrund steigender Modellvarianten und verkürzter Modellzyklen ergibt sich so ein hohes Kosteneinsparpotential bei der Absicherung der Produzierbarkeit neuer Produkte und Komponenten. Der enge Regelkreis zwischen Entwicklung und Produktionsplanung unterstützt zudem das Simultaneous Engineering, da bereits erste Konstruktionsentwürfe verwendet werden können.
Dieses System kann auch im Änderungsmangement eingesetzt werden. So wurde in einer weiteren Studie das Modell einer Fabrikhalle verifiziert, welches zum Zwecke einer anstehenden Umbauplanung rückdigitalisiert worden war. Durch die Überlagerung der realen Fertigungsumgebung mit dem virtuellen Modell konnten Fehler im Modell identifiziert werden. Damit lässt sich sicherstellen, keine Umbaumaßnahmen auf Basis eines fehlerhaften Modells anzustoßen, welche sich im Laufe des Umbaus als nicht durchführbar erweisen.

Derartige Planungswerkzeuge lassen erkennen, dass mit Hilfe der AR-Technologie Planungsprozesse in Zukunft effizienter gestaltbar sind und somit AR eine wesentliche Rolle in der Planung von Produktionssystemen spielen wird.

  • metaio GmbH
  • BMW Group