ErgoKom – Entwicklung und technische Integration einer Bewertungsmethodik zur Ermittlung von Mitarbeiterbelastungen in Kommissioniersystemen

Durch die Handhabung von Lasten mit ergonomisch ungünstigen Körperhaltungen und teilweise hohen Kommissionier- bzw. Umschlagsleistungen treten in Kommissioniersystemen oftmals hohe physische Belastungen auf. Diese können u. a. zu Schädigungen der Lendenwirbelsäule, des Herz-Kreislaufsystems und einzelner Muskelgruppen führen und dauerhaft eine Leistungsminderung und Arbeitsunfähigkeit der Mitarbeiter nach sich ziehen. Die tatsächlich auftretende körperliche Belastung in der Kommissionierung ist meist schwer zu ermitteln. Verschiedene kommissionierspezifische Einflussgrößen (vgl. Abbildung 1), wie z. B. unregelmäßige Abläufe, Auftragsschwankungen und ein breites Teilespektrum, erschweren die Erfassung mit heutigen Arbeitsanalyseverfahren, da diese meist auf die gesundheitliche Risikobeurteilung von Montagetätigkeiten ausgelegt sind.

Für eine kontinuierliche Erfassung der Belastung im laufenden Betrieb existiert jedoch derzeit keine Lösung, die eine umfassende und leicht durchzuführende Bewertung der Logistikarbeitsplätze nach ergonomischen Gesichtspunkten ermöglicht.

Ziel des Forschungsprojektes ErgoKom ist die Entwicklung einer aufwandsarmen Methodik zur Analyse, Bewertung und Visualisierung der auftretenden körperlichen Belastungen in Kommissioniersystemen auf der Basis anerkannter Bewertungsverfahren. Die in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Arbeits- und Produktionssysteme (APS) der Technischen Universität Dortmund zu entwickelnde Methodik stellt ein Hilfsmittel für die Realisierung einer gesunden Mitarbeiterbelastung im Umfeld der Logistik dar, um langfristig die Erwerbsfähigkeit der Mitarbeiter zu gewährleisten.

Zur Entwicklung der kommissionierspezifischen Bewertungsmethodik werden in einem ersten Schritt typische Ausprägungen von Kommissioniersystemen untersucht und klassifiziert. Anhand der Kommissioniersystemklassen lassen sich in einem zweiten Schritt kommissionierspezifische Einflussgrößen, wie z. B. Lagergeometrie, Bereitstellart und Sortiment, identifizieren und in Bezug zu den belastungsspezifischen Einflussgrößen setzen, die die körperliche Belastung vollständig beschreiben.

Darauf aufbauend wird eine Methodik zur Ermittlung der Belastung entwickelt. Die Methodik basiert auf anerkannten Belastungsermittlungsverfahren beispielsweise für Muskel-Skelett-Belastungen. Ziel ist es, die aufwandsarme Erfassung und Visualisierung der Belastungshöhe abhängig von den zuvor identifizierten kommissionierspezifischen Einflussgrößen zu realisieren.

Anschließend sind unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Anwendbarkeit der Methodik für ausgewählte Einsatzszenarien technische Konzepte für die kontinuierliche Erfassung und Visualisierung der Belastung zu entwickeln. Denkbare Lösungsansätze hierfür sind der Einsatz industrieller Sensoren (z. B. RFID oder Lichtschranken) zur Erfassung der physischen Picks oder die Kombination mit den Daten eines Warehouse Management Systems. Für die Erfassung der Körperhaltung kann beispielsweise ein Motion Capturing System (vgl. Abbildung 2) verwendet werden. Lösungsvarianten für die Visualisierung der Belastung sind stationäre bzw. mobile Monitore oder Datenbrillen.

Für die Validierung der Ergebnisse werden zunächst repräsentative Kommissioniersysteme aus der Praxis ausgewählt. In enger Zusammenarbeit mit Experten aus Arbeitsschutz und Arbeitssystemgestaltung erfolgt anschließend die Anwendung der entwickelten Bewertungsmethodik in einem geeigneten Kommissioniersystem und die Diskussion der dabei ermittelten Belastungsergebnisse.

Die im Forschungsvorhaben erarbeiteten Resultate sind zum einen in einem Funktionsmuster abzubilden und zum anderen in einem Leitfaden zur ergonomischen Gestaltung von Kommissioniersystemen zu dokumentieren.

  • Lehrstuhl für Arbeits- und Produktionssysteme, Technische Universität Dortmund

  • Adolf Würth GmbH & Co. KG
  • Advanced Realtime Tracking GmbH
  • CIM GmbH
  • Human Solutions GmbH
  • Kühne + Nagel (AG & Co.) KG
  • Ludwig Meister GmbH & Co. KG
  • metaio GmbH
  • Safelog GmbH
  • SICK AG
  • trilogIQa
  • NIRO Netzwerk Industrie RuhrOst
  • und weitere

Das IGF‐Vorhaben 440 ZN / 1 der Forschungsvereinigung Bundesvereinigung Logistik e.V. ‐ BVL, Schlachte 31, 28195 Bremen wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung und ‐entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.