Forschungsberichte

Einfluss der Prozessparameter auf das Nachschneiden schergeschnittener Konturen

Robert Kühlewein

124 Seiten 0 Abbildungen Hieronymus Buchreproduktionsverlag, München, 2003 ISBN 3-89791-329-1

Nachschneiden ist ein Verfahren zur wirtschaftlichen Fertigung von Schnittflächen, die sich hinsichtlich ihres Traganteils und ihrer Rechtwinkligkeit als Funktionsflächen, wie zum Beispiel Passungen und Führungen eignen. Dazu wird in einem ersten Scherschneidvorgang eine Kontur vorgeschnitten. In einem zweiten Schritt wird diese Kontur um ein geringes Maß versetzt auf die endgültige Form geschnitten (nachgeschnitten). Die verbesserte Eignung als Funktionsfläche der entstandenen Schnittfläche ist die Folge des veränderten Spannungszustands im Werkstück aufgrund der geringeren Steifigkeit des abgetrennten Stanzabfalls.

Zur Untersuchung der Prozessparameter beim Nachschneiden schergeschnittener Konturen wurden Versuche mit einer mechanischen Schnellläuferpresse an verschiedenen Stahlsorten sowie an je einer Aluminium- und Kupferlegierung durchgeführt. Die zu variierenden Parameter waren die Nachschneidzugabe (Abstand zwischen vorgeschnittener und nachgeschnittener Kontur), der Schneidspalt, der Beölungszustand und der Schneidwerkstoff. Für alle untersuchten Stahl- und Aluminiumblechwerkstoffe konnten Parameter gefunden werden, die die Fertigung von Schnittflächen mit hohem Glattschnittanteil ermöglichen. Es existiert ein Arbeitsbereich, der von einem minimalen und einem maximalen Schneidspalt (~3,3 % - 5,0 % bzw. 6,7 % - 12,5 %), sowie einer maximalen Nachschneidzugabe (für alle Werkstoffe: ~20 %) begrenzt wird. Ein Überschreiten der Grenzen führt zu einem Anstieg des Bruchflächenanteils der Schnittfläche. Werden Nachschneidzugabe und Schneidspalt als auf die Blechdicke bezogene Größen dargestellt, bleibt der Arbeitsbereich bei Veränderung der Blechdicke gleich. Die Art der Beölung hatte auf die Schnittflächenqualität beim Nachschneiden weicher Stahlwerkstoffe keinen Einfluss. Wegen starker Wärmeentwicklung beim Nachschneiden höher- und hochfester Stähle konnte dort der Einfluss des Schmierstoffs nicht betrachtet werden.

Durch die Untersuchungen konnten drei standmengenbegrenzende Faktoren ermittelt werden:
Harte Partikel, die aus der Schnittfläche herausgetrennt werden, führen zu Oxidationsverschleiß der Stempelmantelfläche. Durch die Beschädigung der Stempel werden die Oberflächen der Schnittflächen beeinträchtigt. Der Einsatz von TiCN-beschichteten HSS-Stempeln mit einer Oberflächenhärte von 3.000 HV 0,05 reduziert den Oxidationsverschleiß erheblich.

Das Schneidergebnis beim Nachschneiden von Aluminium wird durch die Bildung von Aufbauschneiden beeinflusst. Sie führen zu Beeinträchtigungen der Oberflächenqualität der Schnittfläche und zu Flitterbildung. Eine Reduzierung von ihnen wird durch Einsatz des Schmierstoffs ALF4 ermöglicht. Die Beschichtung der Stempel mit einer DLC-Schicht führt auch ohne Zusatzbeölung zu höheren Standmengen.

Der Schneidkantenverschleiß bewirkt Instabilitäten des Nachschneidprozesses und somit ein unvollständiges Nachschneiden entlang der Kontur. Als Grenzwert konnte eine 45°-Verschleißlänge zwischen 4,8 % und 5,4 % festgestellt werden.

Die Eignung des Nachschneidens für die untersuchten Bleche mit einer Dicke von maximal 2,5 mm konnte nachgewiesen werden. Die Verifizierung an Blechen höherer Dicke würde das Einsatzspektrum noch deutlich erweitern. Schnittflächen mit hohem Glattschnittanteil werden hier nicht nur als Funktionsflächen benötigt, sondern dienen der Erhöhung der Prozesssicherheit zum Beispiel beim anschließenden Biegen und Kragenziehen, wo bei normalgeschnittenen Flächen Einrisse entstehen können.