SDC – Smart Drilling Cell
In der Flugzeugfertigung werden vor allem Niete für die Montage von Strukturkomponenten verwendet. Hierfür müssen zunächst Bohrlöcher durch mehrlagige Materialpakete gebohrt werden. Große Flugzeugstrukturkomponenten erfordern tausende solcher Bohrlöcher. Hierbei ist insbesondere eine Beschleunigung des Prozesses, sowie eine Reduktion der auftretenden Fertigungsdefekte, wie z. B. abgebrochene Bohrer, geometrische Ungenauigkeiten oder Gratbildung notwendig. Solche Defekte können aufwendige Qualitätstests sowie eine Nachbearbeitung erforderlich machen.
Ansätze zur Vorhersage und Vermeidung von Fehlern beim Bohren sowie zur Überwachung des Werkzeugverschleißes werden innerhalb des Projektes Smart Drilling Cell (SDC), gemeinsam mit Boeing Research and Technology – Europe, erforscht. Hierfür sollen charakteristische Fehlerbilder identifiziert und deren Auftreten anhand von Sensordaten erkannt werden. Darauf aufbauend sollen geeignete Prozessparameter für das Bohren zum Vermeiden dieser Fehlerbilder bestimmt werden. Zudem wird die dynamische Anpassung dieser Parameter innerhalb des Bohrprozesses untersucht.
Motivation
Wiederkehrende, aber unvorhersehbare Fertigungsdefekte treten insbesondere beim Bohren mehrschichtiger Materialpakete auf, beispielsweise bestehend aus kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen und metallischen Werkstoffen (z. B. Aluminiumlegierungen). Solche Materialpakete werden häufig in der Flugzeugfertigung verwendet. Aufgrund der hohen Sicherheitsanforderungen werden bei Prozessfehlern aufwendige Nachbearbeitungsschritte notwendig. Die Verwendung adaptiver Prozessparameter sowie eines vibrationsunterstützten Bohrprozesses können eine Reduzierung und Vermeidung dieser Fehler ermöglichen. Dies motiviert die Untersuchung der industriellen Anwendbarkeit dieser Ansätze.
Zielsetzung
Ziel des Projektes SDC ist eine gesteigerte Bohrlochqualität für mehrlagige Materialpakete. Dadurch sinkt die notwendige Nachbearbeitung und die damit verbundenen Produktionskosten.
Hierzu wird Prozessverständnis mit besonderem Fokus auf die industrielle Anwendbarkeit des vibrationsunterstützten Bohrens generiert. Ein weiteres Ziel sind Methoden zur Überwachung des Werkzeugzustandes und zur frühzeitigen Erkennung wiederkehrender Fertigungsdefekte. Darauf aufbauend werden Möglichkeiten zur Vorhersage solcher Defekte sowie zur Adaption der Prozessparameter präsentiert. Basierend auf den so gewonnen Erkenntnissen kann die Bohrlochqualität gesteigert werden. Hierdurch können eine aufwendige Nachbearbeitung vermieden und die Bohrqualität nachhaltig sichergestellt werden. Zudem wird durch die langfristig angelegte Kooperation mit dem Industriepartner Boeing Research and Technology – Europe ein Wissenstransfer zwischen Forschung und Industrie ermöglicht.
Vorgehen
In enger Zusammenarbeit mit der Boeing Research and Technology – Europe wird ein Versuchsstand zur Untersuchung des roboterbasierten Vibrationsbohrens von Flugzeug-Strukturkomponenten am iwb aufgebaut. Es werden charakteristische Fehlerbilder während des Bohrprozesses identifiziert und Prozessdaten wie z. B. das auftretende Drehmoment erfasst. Ausgehend von diesen Daten werden durch Anomalieerkennung und durch die Überwachung des Werkzeugzustandes Rückschlüsse auf das Auftreten der identifizierten Fehlerbilder gezogen. Nach einer erfolgreichen Erprobung der Methoden werden diese auf das Bohren mit weiteren Werkzeugen und Materialpaketen übertragen. Außerdem wird die datenbasierte Vorhersage von Fehlern untersucht und die Implementierung unter produktionsnahen Bedingungen im Versuchsstand erprobt. Abschließend wird die Anpassung der Prozessparameter wie der Vorschubgeschwindigkeit und der Spindeldrehzahl im Prozess mit dem Ziel untersucht, die Anzahl der auftretenden Fehler zu reduzieren.
Nutzen
Die Arbeit mit einer industrienahen Anlage soll die Übertragbarkeit der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Qualitätssicherung sicherstellen, wodurch ein Beitrag zur Weiterentwicklung industrieller Bohrprozesse an Flugzeug-Strukturkomponenten geschaffen wird. Durch die datenbasierte Prozessüberwachung kann eine frühzeitige Erkennung von Bohrfehlern gewährleistet und die Bohrlochqualität in der Flugzeugfertigung gesteigert werden. Dies reduziert den Aufwand in der Nachbearbeitung, senkt die Produktionskosten und verbessert die allgemeine Prozesszuverlässigkeit.
Danksagung
Dieses Forschungsprojekt wird in Kooperation mit der Boeing Research and Technology – Europe durchgeführt. Wir danken unserem Industriepartner für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit.
| Laufzeit 01.01.2025 bis 30.06.2028 | |
| Projektpartner Boeing Research and Technology – Europe |