Bericht zum Expertenforum in der openautomation

Quelle: Ertüchtigen Agenten Produktionsanlagen für Industrie 4.0? In: openautomation, No. 3, 2014, pp. 22-23. PDF. Available: Link.

Ertüchtigen Agenten Produktionsanlagen für Industrie 4.0?

Bericht zum 6. Expertenforum "Agenten im Umfeld von Industrie 4.0"

Die Komplexität von Produkten und Produktionsanlagen im Maschinen- und Anlagenbau fordert flexible und einfach anpassbare Automatisierungssysteme, um Wandelbarkeit zu erreichen. Rigorose Konzepte verlangen völlig neue mechatronische Ansätze, wie von Herrn Hoos (Festo AG & Co. KG) vorgestellt. Aber auch bestehende Produktionsanlagen müssen aufgrund ihrer Langlebigkeit von bis zu 20 Jahren für Industrie 4.0 ertüchtigt werden – weg von starren, wenig flexiblen Lösungen und hin zu flexiblen Kopplungen, wie von Professor Göhner (Universität Stuttgart) aufgezeigt.

Wie das geht? Agentenbasierte Kopplungsansätze bieten hierfür einen hervorragenden Lösungsansatz, wie Frau Professor Vogel-Heuser (Technische Universität München) auf dem Expertenforum „Agenten im Umfeld von Industrie 4.0“ erläuterte. „Durch ihre Lernfähigkeit und ihre Fähigkeit der Selbstadaption und Selbstorganisation sind Agenten ideal geeignet. In unserer verteilten Joghurtproduktion „myJoghurt“ bieten sie den verschiedenen Produktionsstandorten in Stuttgart und Magdeburg die Möglichkeit, die verschiedenen historisch gewachsenen Automatisierungssysteme ganz individuell aber alle über einen Basisagenten anzubinden. Dabei können verschiedenste Steuerungslösungen verwendet werden – bis hin zu hybriden Plattformen, die Anwendungen in verschiedensten Sprachen wie C oder IEC 61131-3 beinhalten.“ Auf die Frage, wie das denn konkret mit der Einbindung in eine Steuerung ginge, antwortete Vogel-Heuser: „Wir bieten ein Starter-Kit für die verschiedenen Programmiersprachen an, das den Anwendern der Agentenplattform eine Basis für die Einbindung ihrer Systeme ermöglicht.“

Mit welchen Methoden und Werkzeugen bereits die Analyse von großen Datenmengen erfolgt und wie daraus gelernt werden kann, zeigten Professor Niggemann (Hochschule Ostwestfalen-Lippe) und Dr. Mattingley-Scott (IBM Deutschland). Verschiedenste Einsatzmöglichkeiten von Industrie 4.0 wurden auf dem Expertenforum vorgestellt – vom Anlaufmanagement (Frau Prof. Jeschke, RWTH Aachen) bis hin zu konkreten industriellen Anwendungsfällen (Dr. Drath, ABB AG und Dr. Schlick, WITTENSTEIN AG). Höhepunkte der Veranstaltung waren die Vorträge der internationalen Wissenschaftler: Professor Leitão (Universität Bragança, Portugal) und Professor Colombo (Schneider Electric Automation GmbH/ Hochschule Emden/Leer) berichteten über die Potenziale von dienstbasierten Architekturen und Agenten für künftige Anwendungen.

Aber was genau bringen solche Konzepte für Entwickler von Steuerungssoftware? Leitão hierzu: „Agenten und dienstbasierte Architekturen ermöglichen – kombiniert mit weiteren Mechanismen wie Cloud-Technologien und Selbstorganisation – modulare, interoperable und erweiterbare Cyber-Physische Systeme. Systeme werden somit intelligenter, flexibler, skalierbarer und wandelbarer.“ Professor Jay Lee (Universität Cincinnati, Ohio) – einer der Verfechter Cyber-Physischer Systeme in den USA – ergänzte diese Vorteile und stellte Anwendungsmöglichkeiten für Agenten im Bereich Big Data vor: „Eines der Potenziale von Agenten liegt darin, Daten über die Laufzeit von Cyber-Physischen Systemen zu sammeln und auszuwerten. In Zukunft erfolgt die Beobachtung der Maschinen automatisch durch Sensoren und diese Daten werden fortlaufend erfasst und analysiert. Die intelligente Auswertung der Daten bewirkt Kosteneinsparungen, höhere Betriebseffizienz und verbesserte Produktqualität.“

Das Expertenforum war auch deshalb ein voller Erfolg, weil er nationale und internationale Forscher und nationale Industrieexperten für zwei Tage zusammengeführt hat und insbesondere auch jungen internationalen Wissenschaftler in einem halben Tag die Möglichkeit zur Diskussion und zur Vernetzung gegeben hat.