Car2Car - Kreislauffähige, nachhaltige Verwertungskonzepte

Bei dem Modell der Circular Economy handelt es sich um eine Beschreibung ökonomischer Systeme, bei der explizit das Rückführen von Stoffströmen miteinbezogen wird. Es erfolgt dabei eine Abgrenzung von sog. linearen Stoffströmen, also der unidirektionalen Prozessfolge Materialgewinnung, Fertigung, Vertrieb, Nutzung und Entsorgung. Stattdessen werden Schleifen zwischen unterschiedlichen Prozessstufen vorgesehen, um die energieintensiven Schritte der Rohstoffgewinnung, Materialerzeugung und Fertigung bei gleicher Stückzahl zur Verfügung stehender Produkte seltener durchlaufen zu müssen.

Das Prinzip der Kreislaufwirtschaft als Bestandteil des European Green Deal wurde mit dem New Circular Economy Action Plan konkretisiert. In Bezug auf die Zirkularität von Fahrzeugen lag der primäre Fokus auf Batterien und ihren wertvollen Bestandteilen, weiter sind aber End-of-Life-Fahrzeuge gesamthaft adressiert, um durch die Wiederverwertung von Materialien Ressourcen zu schonen und Abfall zu reduzieren. Die Industrie in Europa, speziell die Automobilindustrie, macht sich hierzu erst auf den Weg, zumal die zu bewältigende Komplexität enorm ist.

Die Ausgangslage im vorliegenden Projekt stellt sich folgendermaßen dar: Automotive Komponenten aus Karosserie und Exterieur enthalten hochwertige, rezyklierbare Rohstoffe, werden aber aus Gründen wie Demontagedauer oder mangelnder Marktnachfrage heute nur in geringem Umfang demontiert und wiederverwertet.

Die aktuelle Situation hinsichtlich der Verwertung von Altfahrzeugen wird in Deutschland heute durch die Altfahrzeugverordnung vom 18.11.2020 geregelt. Auch wenn 95 % des Gewichtsanteils eines Fahrzeugs einer ordentlichen Verwertung zugeführt werden müssen, geht der größte Anteil davon aufgrund geringer Materialreinheit über den Weg des Shredders in ein Downcycling und genügt nicht den hohen Qualitätsanforderungen eines Wiedereinsatzes in Neufahrzeugen. Neuware ist in der Regel so kostengünstig und Demontagezeiten für die meisten Komponenten so langwierig und teuer, dass sich außer bei wenigen Bauteilen ein Abbau und eine anschließende Aufbereitung zur Wiederverwertung nicht lohnt.

Die Automobillieferanten greifen beim Einsatz von Rezyklatware bisher überwiegend auf Verarbeitungsreste aus der Industrieproduktion zurück und beklagen schon heute mangelnde Verfügbarkeit im Verhältnis zur wachsenden Rezyklatnachfrage. Post-Consumer-Material aus Altfahrzeugen wird kaum eingesetzt. In Zukunft werden Regulatorik-Anforderungen zur Begrenzung des Klimawandels auf EU- und nationaler Ebene wachsende Recyclingraten für eingesetzte Rohstoffe bewirken und ein steigender CO2-Preis wird Primärstoffe verteuern.

 

Um bis spätestens zum Jahr 2045 CO2-Neutralität in Deutschland zu erreichen, sind intensive Anstrengungen der Industrie nötig. Eine Erreichung dieses Ziels wird nur möglich sein, wenn in den Liefer- und Wertschöpfungsketten der produzierenden Industrie konsequent die Sekundärrohstoffquote drastisch erhöht wird und somit geschlossene Materialkreisläufe realisiert werden. Diese zu schaffen, geht jedoch mit großen Herausforderungen einher: Neben wirtschaftlichen Konzepten zur materialsortenreinen Demontage, die eine Identifikation und Sortierung der Komponenten am End of Life der Fahrzeuge verlangen, braucht es auch angepasste Pre- und Post-Shredderprozesse, bei denen vor allem Fragen hinsichtlich einer geeigneten Charakterisierung, einer effizienten Trennung und einer automobiltauglichen Qualität der Sekundärmaterialien entstehen.

Ein Teil dieser Herausforderungen soll im Car2Car-Projekt untersucht und technologische Lösungen zu ihrer Bewältigung entwickelt werden.

Das Hauptziel des beantragten Projektes ist daher die Befähigung und Umsetzung einer Circular Economy für ausgewählte Werkstoffgruppen von Automobilen.

 

Das Vorhaben gliedert sich in 7 Arbeitspakete, verteilt auf eine Laufzeit von insgesamt drei Jahren. Nach einer initialen Anforderungsklärung in Arbeitspaket 1 wird in Arbeitspaket 2 eine Circular-Economy-optimierte Demontage konzipiert und erforscht. Dieses Arbeitspaket steht im Zentrum der Aktivitäten des Lehrstuhls fml in diesem Forschungsprojekt: Neben der Entwicklung eines Bewertungssystems zur Demontageentscheidung von fokussierten Komponenten werden auch Demontagetechnologien bewertet und anschließend für einen ausgewählten Anwendungsfall demonstratorisch umgesetzt. Daneben werden reverslogistische Gestaltungsrichtlinien erarbeitet und es erfolgt eine informationslogistische Integration. Im Gegensatz dazu wird in Arbeitspaket 3 eine mechanische Aufbereitung für die Circular Economy durch Schreddern und Weiterverarbeitung der Fahrzeuge vorangetrieben. Hierzu wird unterstützend in Arbeitspaket 4 eine sensorbasierte Sortierung für verschiedene Schrottfraktionen entwickelt. Die beiden darauffolgenden Arbeitspaketen stellen einzelne Werkstoffgruppen in den Fokus und untersuchen diese hinsichtlich bestehender Anforderungen, Qualitätsbewertungsmaßstäben und Strategien zur Bewältigung von Circular Economy-bezogenen Herausforderungen: Stahl (Arbeitspaket 5) und Glas (Arbeitspaket 6). In Arbeitspaket 7 erfolgt abschließend eine ökologische und ökonomische Bewertung der erarbeiteten Konzepte.

 

  • BMW AG
  • Aurubis AG
  • Helmholtz Institut HZDR-HIF
  • Novelis Deutschland GmbH
  • Oetinger Aluminium GmbH
  • Pilkington Automotive Deutschland GmbH
  • Salzgitter Mannesmann Forschung GmbH
  • Scholz Recycling GmbH
  • Steinert UniSort GmbH
  • thyssenkrupp Steel Europe AG
  • TU Bergakademie Freiberg, Institut IGT
  • TU Bergakademie Freiberg, Institut MVTAT
  • TU Bergakademie Freiberg, Institut IEST
  • Technische Universität München, Professur für Circular Economy
  • Technische Universität München, Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften

Das Forschungsprojekt wird gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit dem Förderkennzeichen 19S22007H.