Augmented Reality im Braunkohletagebau

Die RWE Power AG zählt zu den großen deutschen Stromerzeugern und betreibt im Rheinischen Revier drei Tagebaue zur Braunkohlenförderung sowie entsprechende Kraftwerke zur Verstromung des überwiegenden Teils der geförderten Braunkohle. Effizienzsteigerungen durch technologische Weiterentwicklungen der Prozesse sollen einen Beitrag zur Sicherung der Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit leisten.
Fortschreitende Digitalisierung ermöglicht einerseits die Entlastung von Bedienpersonal durch effizientere Prozesse, andererseits können dem operativen Mitarbeiter deutlich mehr Informationen für eine optimierte Arbeitsumgebung zur Verfügung gestellt werden.
Im Rahmen der Studie entstand ein Überblick über bestehende Augmented Reality (AR)-Lösungen und deren Eignung für den Einsatz im Braunkohletagebau. AR bedeutet dabei die kontextabhängige Einblendung von virtuellen Informationen in das Sichtfeld des Benutzers.

  • Anforderungsklärung und Auswahl von konkreten Einsatzszenarien im Braunkohletagebau
  • Überblick über die im Braunkohletagebau verfügbaren und benötigten Daten sowie eine Auswahl und Clusterung der mit AR einzublendenden Informationen in den Einsatzszenarien
  • Recherche über die in den Anwendungsfällen einsetzbaren AR-Technologien (Visualisierungsmedien, Trackingtechnologien, etc.)
  • Ausarbeitung und Kategorisierung von verschiedenen Konzepten für die Einsatzszenarien mit unterschiedlichem Komplexitätsgrad (statische oder dynamische Anzeige der Daten, unterschiedliche Anzeigegeräte, etc.)
  • Herunterbrechen der Lösungskonzepte bis hin zur Hardwareauswahl mit anschließender Bewertung
  • Gewichtete Bewertung der Konzepte hinsichtlich Kriterien wie technische Umsetzbarkeit, Robustheit, Mitarbeiterakzeptanz, technische Weiterentwicklung der Hardware, Prozessverbesserungen, etc.
  • Aufzeigen der weiteren Entwicklungsmaßnahmen, die unternommen werden müssen, um die Konzepte umzusetzen (Art der Umsetzung, zeitlicher Horizont, Ressourcen, mögliche Entwicklungspartner, etc).

Für den AR-Einsatz wurden zwei mögliche Einsatzszenarien ausgewählt. Zum einen der Großgeräteführer im Schaufelradbagger und zum anderen der Mitarbeiter, der beim Absetzer die Verkippung des Abraums steuert. Hinsichtlich der Mobilitätsanforderungen für die Benutzer sind dies zwei völlig unterschiedliche Szenarien. Der Baggerführer sitzt in einer Kabine, während sich der Mitarbeiter am Absetzer um diesen herum am Boden bewegt und die Verkippung aus verschiedenen Blickwinkeln steuert und überwacht.
Bei RWE wird die Digitalisierung konsequent weiterentwickelt, so dass bereits heute genaue 3D-Abbilder der Tagebaue existieren. Dazu wird die Position der Schaufelradbagger mit differentiellem GPS sehr genau gemessen und lagerichtig in einem 3D Modell angezeigt. Weitere Sensordaten zur Ermittlung der Längs- und Querneigung des Schaufelradbaggers begünstigen ebenfalls eine 3D-Positionsbestimmung zwischen den Großgeräten und dem Benutzer. Allerdings sind die Updateraten des GPS-Systems zu niedrig, um dem Benutzer ein Bild in Echtzeit darstellen zu können. Für ihn eilt das virtuelle Bild deutlich erkennbar hinter der Realität her. Auch die Umgebungsbedingungen wie die Vibrationen des Baggers, die Lichtverhältnisse und die Emissionen im Tagebau sind Anforderungen, welche die meist für den Laboreinsatz entwickelte AR-Hardware nicht bewältigen kann. Im Fall des Schaufelradbaggers ist eine kongruente Überlagerung deshalb kaum zu realisieren, allerdings auch nicht unbedingt nötig. Vielmehr ist es entscheidend, die aktuell benötigten Informationen in das Sichtfeld des Baggerführers einzublenden, so dass er nicht mehr auf die Vielzahl von Monitoren und Anzeigen in seinem Umfeld achten muss. Die Visualisierung könnte mit einem Head-up- oder einem Head-mounted-Display erfolgen. Das Head-mounted Display wurde bei einem Kurztest vom Großgeräteführer gut angenommen. Beim Head-up Display ist eine größere Eye-box als beispielsweise im Fahrzeugbau nötig, um den Sichtbereich abzudecken. Hier besteht noch Entwicklungsbedarf.

Beim Anwendungsszenario am Absetzer spielen die Umweltbedingungen eine noch größere Rolle. Um ein in der Praxis einsetzbares AR-System zu entwickeln, muss die Mobilität des Mitarbeiters eingeschränkt werden. Dabei wird eine Display-Kameraeinheit auf einem Stativ montiert und das System kalibriert. Somit ist eine kongruente Überlagerung von virtuellen Daten und dem Kamerabild auf einem Monitor ohne große Latenzzeiten möglich, da sich der Blickwinkel nicht ändert. Als Ergebnis der Vorstudie konnten mehrere Konzepte vorgeschlagen werden. Allerdings schränken die rauen Umweltbedingungen den Einsatz von AR im Braunkohletagebau deutlich ein.

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