RFID-MachLog

Entwicklung einer Methodik und eines strukturierten Vorgehens zur Abwicklung von Studien zur Prüfung der technischen Machbarkeit für RFID-Projekte in der Intralogistik

Die Radiofrequenzidentifikation (RFID) nimmt in (intra-)logistischen Prozessen einen immer höheren Stellenwert ein. Bereits Ende 2005 ermittelten Schmitt und Michahelles in einer Studie des M-Lab gemeinsam mit Booz Allen Hamilton zur strategischen Bedeutung von RFID in der Logistik, dass 67% der Befragten der RFID-Technologie eine strategische Rolle für die Entwicklung ihres Geschäftes zumessen. Gleichzeitig wird RFID aber auch als kritische Technologie gesehen. So ist es nicht verwunderlich dass etwa 50% aller RFID-Projekte scheitern.

Als Gründe für das Scheitern werden vornehmlich das unbefriedigende Kosten-/Nutzenverhältnis, technische Probleme und mangelndes Vertrauen in die RFID-Technologie angeführt. Resch begründet das Scheitern von RFID-Projekten u.a. mit fehlendem Methoden-Know-how bei Einführung der Technologie und stellt die technische Machbarkeit in den Vordergrund. Die Evaluierung der technischen Machbarkeit ist daher ein wichtiger Meilenstein bei der Umsetzung von RFID-Projekten. Während sich für das Problem der Quantifizierung von Nutzenpotenzialen, dem ersten wichtigen Punkt im Projekt, bereits erste Methoden und Werkzeuge etablieren, sind derartige „Kochrezepte“ für die Durchführung und Bewertung der technischen Machbarkeit nicht ausreichend vorhanden und können so „Innovationsbarrieren von RFID“ insbesondere für den Mittelstand darstellen. Um aussagekräftige Ergebnisse während der Technologieerprobung zu erreichen, werden derzeit sehr umfangreiche Machbarkeitsuntersuchungen in Unternehmen durchgeführt, die sich auf Grund des dafür notwendigen Wissens und der hohen Kosten für die Erprobung der Technologie als hohe Hürden erweisen. Kaufmann verweist grundsätzlich auf die Notwendigkeit für die Planungs- und Evaluationsphasen bis zur Entscheidung für oder gegen das RFID-Projekt genügend Zeit und Ressourcen einzuplanen. Den hohen Aufwand und die Unsicherheiten scheuen aber vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Die Überlegung, RFID einzusetzen, wird daher oft schon verworfen, wenn die Machbarkeit nicht offensichtlich ist und somit nicht schnell und kostengünstig geklärt werden kann. Gerade Szenarien, bei welchen die Pulkerfassung zum Einsatz kommen soll und die große Nutzenpotenziale für die Logistik darstellen, finden kaum Anwendung, da hier die Machbarkeit in den meisten Fällen nicht intuitiv und einfach festgestellt werden kann. Eine Methodik, die es erlaubt mit planbarem, überschaubarem und möglichst geringem Aufwand eine wissenschaftlich fundierte und vergleichbare Aussage über die technische Machbarkeit zu liefern, ist derzeit nicht verfügbar und hindert so insbesondere kleine und mittlere Unternehmen am Einsatz von RFID.

Im Bereich der Logistik gibt es die unterschiedlichsten Anforderungen an automatische Identifizierungstechnologien. Da UHF-RFID zwar sehr große Potentiale besitzt, aber auch schwieriger zu implementieren ist als z.B. HF-RFID, ist hier der Bedarf an Machbarkeitsstudien am größten. Um solche Machbarkeitsstudien besser abwickeln zu können, konzentriert sich das weitere Vorgehen auf den UHF-Standard.

Es existieren zahlreiche Testverfahren und Normen, welche die Leistungsfähigkeit von RFID quantifizieren. Diese eignen sich jedoch nur teilweise für Machbarkeitsnachweise. Im Folgenden werden nun zuerst die bisher existierenden Normen und Standards und dann der Stand der Technik wissenschaftlicher Veröffentlichungen und kommerzieller Studien zum Einsatz von RFID dargestellt.

In den Normen ISO 18046, und ISO 18046-3 sind synthetische Tests zur Messung der Leistungsfähigkeit von RFID-Komponenten in einer kontrollierten Umgebung definiert. Die ISO 18047-6 legt darüber hinaus Tests zur Standardkonformität von Transpondern fest. Die Testbeschreibungen von EPCglobal stellen den grundlegenden Aufbau von Versuchen an Portalen und Förderstrecken dar, geben aber keine Optimierungshinweise. Die Richtlinie des AIMglobal enthält Hinweise zum Anbringen und zum Einsatz von Transpondern auf Behältern, aber nicht zum Testen dieser Anordnungen. Die Empfehlung VDA 5501 beschreibt vor allem RFID-Prozesse für die automobile Supply Chain und nennt Anforderungen an RFID-Systeme. Die VDI/AIM 4472 Blatt 10 nennt Testverfahren für Transponder wie in der ISO 18046 und zusätzlich den Aufbau von Pulkerfassungstests mit möglichen Anordnungsparametern und stellt die Forderung nach pauschalen 100 Wiederholungen pro Parameterkombination.

Auf Basis der existierenden Normen und Richtlinien sowie weiterer (nicht-) wissenschaftlicher Veröffentlichungen werden die einzelnen Schritte einer Machbarkeitsstudie zur Zeit folgendermaßen geplant und durchgeführt.

Die Vermessung von RFID-Einzelkomponenten ist mittlerweile weit fortgeschritten. Zur Leistungsfähigkeitsmessung der Transponder existieren ISO-Normen, zur Platzierung von Transpondern Vorschläge von AIMglobal und EPCglobal. Sowohl für Transponder als auch Reader sind kommerzielle Benchmarks erhältlich. Jedoch lassen sich die Tests der Reader nicht mehr alleine durch Modell und Umgebungsbedingungen charakterisieren. Zusätzlich muss die Antennen- als auch die Softwarekonfiguration der Reader beachtet werden. Die Normen legen immer die Verwendung der in vielen Fällen suboptimalen Werkseinstellungen des Readers zugrunde.

In den genannten Dokumenten finden sich Beschreibungen des grundlegenden Aufbaus von Erfassungspunkten. Diese Beschreibungen sind jedoch einerseits für die Praxis zu stark einschränkend, und andererseits geben sie keine Anleitung zur fallspezifischen Konfiguration eines solchen Aufbaus. Hier sind Empfehlungen zu entwickeln, die auf antennentheoretischen Grundlagen und weiteren Messungen beruhen.

Um im Praxiseinsatz vor Ort Geräte mit Abstrahlungen festzustellen, die RFID-Reader stören, soll laut EPCglobal eine Spektrumsmessung vor jedem Versuch durchgeführt werden. Für diese Messungen stehen jedoch keine Grenz- oder auch Schwellwerte zur Beurteilung zur Verfügung.

Die Dauer eines Versuchs zur Prüfung der technischen _Machbarkeit wird zu einem großen Teil von der Anzahl der geforderten Testwiederholungen beeinflusst. Die Normen  fordern hier 10 bis 100 Wiederholungen, in der Literatur werden auch bis zu 10.000 Wiederholungen pro Parameterkombination gefordert, um eine gesicherte Ergebnisaussage zu erhalten. Um die Anzahl zu testender Parameterkombinationen klein zu halten und trotzdem eine klare Aussage auch über miteinander verkoppelte Parameter zu erhalten, bietet sich die teilfaktorielle Versuchsplanung an. Im Zusammenhang mit RFID sind dazu noch keine Erkenntnisse verfügbar.

Im Bereich der Testdokumentation existieren Forderungen nach den Dokumentationsinhalten in fast jeder oben angeführten Norm bzw. Richtlinie. Jedoch beschreibt nur die Richtlinie von EPCglobal eine Form der Datenspeicherung. Es handelt sich jedoch nur um eine beispielhafte Auflistung von Parameter-Wert-Paaren in einer CSV-Datei. Durch die fehlende Vorgabe einer strikten Syntax ist keine automatische Auswertung möglich.

Ziel des Projektes ist die Entwicklung einer Methodik und einer standardisierten Vorgehensweise zur Durchführung von technischen RFID-Machbarkeitsstudien im intralogistischen Umfeld. Hierzu zählen die Planung der Untersuchung, das Ermitteln relevanter Randbedingungen, die Auswahl und Ausstat-tung der notwendigen Versuchsszenarien, die Minimierung der durchzuführenden Tests, die Datenaufnahme und Auswertung durch geeignete Kennzahlen sowie die Zusammenführung und Konkretisierung wichtiger Bestandteile bestehender Normen und Richtlinien in Bezug auf die Intralogistik

Die angestrebte Vorgehensmethodik besteht aus den folgenden zu erarbeitenden Ergebnissen:

  • Es soll eine Liste von Parametern und Anforderungen, die die Identifikation mit RFID beeinflussen, erstellt und bewertet werden. Die Anforderungen bilden die Wünsche der Anwender und die Parameter die relevanten Umgebungsbedingungen, Aufbaumöglichkeiten und Konfigurationen ab.
  • Die Ergebnisse bisheriger Leistungsmessungen (Studien und eigene Messungen der Forschungsstelle) von RFID-Komponenten werden mit Praxisanwendungen verglichen und ein Vorgehen zur Ermittlung der passenden Komponenten im konkreten Praxisfall aufgezeigt.
  • Für geclusterte Anwendungsfälle, die ähnliche RFID-Anforderungen stellen, werden jeweils optimierte RFID-Aufbauten und RFID-Readereinstellungen ermittelt.
  • Es wird eine Metrik definiert, die es ermöglicht, die Sicherheit einer RFID-Lesung zu bewerten, damit die benötigte Versuchsanzahl möglichst niedrig ist
  • Es wird eine Systematik festgelegt, die die Anzahl der benötigten Versuchswiederholungen eines Machbarkeitsnachweises beschreibt. Diese Systematik berücksichtigt dabei Parameter des Versuchsaufbaus und Anforderungen der Anwender.
  • Es wird, abgeleitet aus den hierarchisch angeordneten Parametern zur Beschreibung eines RFID-Anwendungsfalls, ein automatisiert auswertbares Dokumentationsformat zur Beschreibung eines Versuchsablaufs entwickelt.

  • AIM-D - Verband für Automatische Identifikation, Datenerfassung und Mobile Datenkommunikation
  • BLSG - Business Launch Support Grinninger
  • CIM GmbH
  • Indyon GmbH
  • Keller & Kalmbach
  • Ludwig Meister GmbH & Co. KG
  • triloIQa
  • noFilis AutoID GmbH
  • Schreiner LogiData GmbH & Co. KG
  • VDI-Gesellschaft Fördertechnik Materialfluss Logistik

Das IGF-Vorhaben 16168 N / 1 der Forschungsvereinigung Bundesvereinigung Logistik e.V. - BVL, Schlachte 31, 28195 Bremen wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und - entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.