Auftragsorientierte Lagerbelegungsstrategien für Kommissioniersysteme
Häufig werden bestimmte Artikel vom Kunden zusammen bestellt. Trotzdem orientieren sich die meisten Lagerbelegungsstrategien für die Kommissionierung alleine an der Zugriffshäufigkeit eines Artikels. Die Leistung im Kommissioniersystem kann verbessert werden, wenn Artikel die häufig zusammen bestellt werden auch direkt nebeneinander für die Kommissionierung bereitgestellt werden. Um dieses Potenzial nutzbar zu machen, müssen neue Lagerbelegungsstrategien entwickelt werden, die sich an der Auftragszusammensetzung orientieren.
er steigende Anteil des E-Commerce hat in den letzten Jahren zu einer Atomisierung der Sendungsgröße geführt. Trotz einer Vielzahl an Bestellungen mit nur einer Position bestellen Kunden zu einem Produkt aber weiterhin häufig Zubehör, das sie aus einem umfangreichen Sortiment auswählen können. Z. B. die Digitalkamera wird selten ohne Speicherkarte oder Schutztasche verkauft, häufig wird auch gleich der Ersatzakku oder ein Stativ mitbestellt. Diesen Zusammenhang macht sich auch die Firma Amazon zu Nutze, indem sie ihren Kunden unter „Kunden die diesen Artikel gekauft haben, haben auch die folgenden Artikel gekauft“ weitere für sie interessante Artikel anbieten.
Ein Großteil der Lager wird heutzutage nach einer Lagerbelegungsstrategie, die sich an der Zugriffshäufigkeit durch ABC-Analyse orientiert, betrieben. Wird die Lagerplatzbelegung in einem Kommissionierlager nur nach der Zugriffshäufig-keit festgelegt, so entstehen ungünstige Wege zur Komplettbearbeitung von Aufträgen.
Um die Komplettbearbeitung für einen Großteil der Aufträge zu optimieren, können Lagerzonen gebildet werden, in denen häufig zusammen bestellte Artikel für die Kommissionierung bereitgestellt werden. Das Ergebnis einer solchen Optimierung wird dabei neben der Artikel- und Auftragsstruktur von zahlreichen Parametern beeinflusst. In Abhängigkeit der Verbundintensivität müssen zusammengehörige Artikel identifiziert werden, welche auf hohe Zusammenbestellungsanteile zurückzuführen sind. Diese Artikel können zu Sets zusammengefasst werden. Die Anordnung dieser Artikelsets ist dabei wiederum von dem Anteil der Kundenaufträge abhängig, welche setübergreifende Artikel anfordern. Allgemeingültige Vorgehensweisen bei der Ermittlung und der Anordnung dieser Artikel sind bislang nicht bekannt. Um das mögliche projektunabhängige Potenzial aufzeigen zu können ist eine allgemeingültige Vorgehensweise zu entwickeln und in Abhängigkeit unterschiedlicher Artikel- und Auftragsstrukturen zu bewerten. Dabei sollen zunächst neue Lagerbelegungsstrategien in Abhängigkeit der Auftragsstruktur entwickelt und im Anschluss über Simulationsmodelle validiert werden.
Das übergeordnete Ziel eines Kommissioniersystems sind minimale Kosten für die Erfüllung aller Auftragsanforderungen.
Ziel dieses Forschungsvorhabens ist die Entwicklung von neuen Strategien für auftragsorientierte Lagerbelegungen mit denen sich die Effizienz in manuellen Kommissioniersystemen mit statischer Artikelbereitstellung steigern lässt. Dabei steht die Komplettbearbeitung von Aufträgen in bestimmten Kommissionierzonen oder eigenständigen Kommissionierbereichen im Fokus. Darüber hinaus werden die auftragsorientierten Lagerbelegungsstrategien in Kombination mit möglichen Bewegungsstrategien betrachtet und Handlungsempfehlungen zur Effizienzsteigerung erarbeitet.
Für die Entscheidung der Lagerplatzvergabe müssen neben dem Kriterium der Zugriffshäufigkeit vor allem die Verbundintensitäten berücksich-tigt werden. Ziel ist es, bei einem Großteil der Aufträge so viel Zeit einzusparen, dass dieser Vorteil die höhere Bearbeitungszeit einiger weniger Aufträge deutlich überkompensiert. Des Wei-teren muss geprüft werden, inwieweit die Bewe-gungsstrategie an die neue Lagerbelegung ange-passt werden muss, so dass eine bestmögliche Einsparung erzielt werden kann. Die durch die neuen Strategien erzielbaren Leistungssteigerungen sollen durch die Ablaufsimulation nachge-wiesen und belegt werden.
Im ersten Arbeitspaket sollen zunächst die relevanten Entscheidungsparameter identifiziert werden, die für die Erzeugung eines auftragsorientierten Lagerspiegels notwendig sind. Dabei sol-len Parameter gefunden werden, die zur Gruppierung von verbundintensiven Artikeln benötigt werden. Daraus abgeleitet müssen die zusätzlich erforderlichen Artikel- und Auftragsinformationen als Eingangsgrößen definiert werden. In einem weiteren Schritt sind statistische Entscheidungsgrößen zu definieren, welche Aufschluss über den Verlauf und die zukünftige Entwicklung der Verbundintensitäten geben.
Das zweite Arbeitspaket soll sich der Entwicklung von auftragsorientierten Lagerbelegungsstrategien widmen. Dabei sollen zu Beginn Berechnungsmethoden zur Ermittlung der Verbundintensitäten erarbeitet werden. Im Weiteren sind Optimierungskriterien aufzustellen, nach denen die Lagerplatzzuordnung erfolgen soll. Übergeordnetes Ziel ist die Reduzierung der Prozesskosten in der Kommissionierung.
Für die spätere Bewertung und Validierung der aufgestellten Berechnungsmethoden für auf-tragsorientierte Lagerbelegungen soll an dieser Stelle die Experimentplanung erfolgen. Dabei werden Referenzszenarien festgelegt, die aus unterschiedlichen Layouts und zugehörigen Artikel und Auftragsstrukturen bestehen. Die Variation der Artikel- und Auftragsstruktur soll vorgenommen werden, um mögliche Auswirkungen auf die Kommissionierleistung zu erkennen. Über die Referenzszenarien sollen später Aussagen über die möglichen Einsatzfälle der auftragsorientier-ten Lagerbelegungsstrategien getroffen werden können.
Dann soll der standardisierte Simulationsbaustein der "manuellen Kommissionierung" im Simulator "Plant Simulation" so angepasst werden, dass die neuen Lagerbelegungsstrategien analysiert werden können. Zusätzlich sind aus den Erkenntnissen der vorgenannten Arbeitspakete Bewegungsstrategien zu integrieren, welche für die neue Lagerbelegung angewendet werden sollen.
Anschließend sind die neuen Lagerbelegungsstrategien im Rechnermodell zu integrieren. Dies soll in einen bestehenden Ablauf für die Datenerzeugung für die Simulationsanwendung erfolgen. Durch den objektorientierten Aufbau werden die Klassen für die Erzeugung der Lagerspiegel gezielt aus dem bestehenden Ablauf herausgelöst und durch neue ersetzt.
Nach der Erarbeitung von auftragsorientierten Lagerbelegungsstrategien und einer Untersuchungsplattform müssen die Experiment durchgeführt werden. Dabei werden die Referenzszenarien durch entsprechend Konfiguration des Simulationsmodells in der Simulationsumgebung "Plant Simulation" abgebildet und mit den festgelegten Daten betrieben. Während der Durchführung der Simulationsläufe werden Daten über die Kommissionierzeiten gesammelt und nachfolgend entsprechend ausgewertet. Sollten sich bei bestimmten Artikel- und Auftragsstrukturen stark steigende und fallende Veränderungen in der Kommissionierleistung ergeben, werden diese nochmals über Sensitivitätsanalysen detaillierter betrachtet. Mit den Ergebnissen aus der Simulation sollen insbesondere Gestaltungsempfehlungen für die Wahl einer optimalen Lagerbelegung in Verbindung einer geeigneten Bewegungsstrategie gegeben werden. Am Ende des Arbeitspakets können Aussagen über die Qualität der neuen auftragsorientierten Lagerbelegungsstrategien getroffen und die potenziellen Einsatzfälle bestimmt werden.