IPTRAS – Individuelles Personentransportsystem im Nahbereich
In einer sich rasch verändernden Umwelt, in der Mobilität zu den Grundbedürfnissen der Menschen zählt [2] und in der Individualität immer weiter in den Vordergrund rückt, stellen vorhandene Beförderungssysteme aus wirtschaftlichen und qualitativen Gründen nicht immer optimale Lösungen für die anfallenden Problemstellungen der Personenbeförderung dar. Gerade im Streckenbereich zwischen ca. 300 m und 3000 m fehlt es an geeigneten Systemen. Die vom Lehrstuhl fml durchgeführte Konzeptstudie stellt einen Ansatz dar, unter Verwendung vorhandener "of the shelf technology" vornehmlich aus dem Bereich der innerbetrieblichen Materialflusstechnik ein bereits vor vielen Jahren angedachtes PRT-Konzept (Personal Rapid Transport) [1] wieder zu beleben und wirtschaftlich wettbewerbs- und einsatzfähig zu machen.
Bei einem IPTRAS handelt es sich um ein vollautomatisiertes, fahrerloses Personentransportsystem, das sich durch folgende wesentliche Eigenschaften charakterisiert:
- Große Anzahl kleiner Fahrzeuge (max. Kapazität: 4 Personen) auf systemeigenem Fahrweg (sowohl bodengeführt als auch aufgeständert möglich)
- Hohe Fahrgeschwindigkeit (8 - 10 m/s)
- Direkte Beförderung der Fahrgäste (zielreiner Verkehr)
- Dienst auf Abruf (on demand)
- 24h-Einsatzbereitschaft
In Abhängigkeit der jeweiligen Systemumsetzung können auch Aspekte wie Fahrkomfort und Umweltfreundlichkeit (geringer Energieverbrauch, geringe Emissionen) als positive Kriterien eines derartigen Systems angeführt werden.
Im Rahmen der Konzeptstudie wurden die Szenarien Flughafen, Messe- und Kongresszentrum, Freizeit- und Vergnügungspark, Innerstädtischer Einkaufsbereich, Großklinikum und Universitätscampus auf ihre Eignung für den Einsatz eines IPTRAS zum Personentransport untersucht. Alle betrachteten Szenarien zeichnen sich durch räumliche Abgeschlossenheit aus. Eine Verwendung des Personentransportsystems als Verkehrsmittel im gesamtstädtischen Bereich wurde aufgrund der in der Konzeptstudie festgelegten Streckenbegrenzung auf ca. 4000 m nicht in Betracht gezogen. Als wesentliches Ergebnis zeigte sich das fehlende Potential des Systems zum Transport großer, zeitlich punktuell auftretender Personenströme. Um eine möglichst hohe Auslastung und optimalen Nutzen zu erreichen, sind kontinuierliche Personenströme ohne extreme zeitliche Schwankungen wünschenswert. Seine Stärke hinsichtlich Servicequalität zeigt das System des Weiteren bei geringem Transportaufkommen. Folglich erweisen sich zunächst die Szenarien Flughafen, Freizeit- und Vergnügungspark, Großklinikum sowie Universitätscampus als prädestiniert zur Bewältigung der dort anfallenden Transportaufgaben mit Hilfe eines IPTRAS.
Detailliertere Untersuchungen zu den Szenarien Flughafen und Universitätscampus stehen wurden mit Hilfe der Ablaufsimulation als Werkzeug zur genaueren Ermittlung des Systemverhaltens bei sich wechselnden Randbedingungen (zeitliches Passagieraufkommen an den Stationen etc.) durchgeführt.
Das am Lehrstuhl fml konzipierte individuelle Personentransportsystem unterteilt sich in die drei Hauptelemente Fahrzeug, Fahrbahn und Systemsteuerung, wobei jedes dieser Elemente aus einer Vielzahl von Baugruppen besteht. Für das Fahrzeug seien hier nur beispielhaft die Baugruppen Antrieb, Energieversorgung, Navigation und Positionierung sowie Kommunikation genannt. Zu jeder dieser Baugruppen wurden auf Basis einer zuvor durchgeführten Anforderungsanalyse geeignete und bereits auf dem Markt verfügbare technische Lösungen untersucht, bewertet und ausgewählt. Ziel war die Realisierung eines Transportsystems auf Basis einer geeigneten Kombination zuverlässiger und kostengünstiger, weil bereits tausendfach im Einsatz befindlicher, Komponenten.
Ein derart komplexes weil individuelles Personentransportsystem bedarf neben der entsprechenden Hardware allerdings auch ausgefeilter Steuerungs-, Betriebs- und Sicherheitskonzepte. Daher wurden parallel und in enger Abstimmung zum technischen Systementwurf auch erste Ansätze einer Steuerungsarchitektur, die sowohl die Fahrzeuge, Stationen, Streckenabschnitte als auch das Gesamtsystem abdeckt, erarbeitet.
Bei einem automatisierten System wie dem IPTRAS steht die Sicherheit im Vordergrund. Deshalb wurden Randbedingungen für einen sicheren Betrieb definiert, die als wichtige Anforderungen in den technischen bzw. steuerungstechnischen Systementwurf einflossen. Hierzu zählen insbesondere die zwischen den Fahrzeugen einzuhaltenden Mindestabstände, die einen sicheren Halt eines Fahrzeuges in jeder Situation ohne Kollision mit einem vorausfahrenden Fahrzeug gewährleisten.
Zur wirtschaftlichen Absicherung des Systementwurfs wurde in einem abschließenden Schritt auch eine monetäre Bewertung des entworfenen Konzeptes vorgenommen. Am Beispiel des Flughafen Münchens konnte durch den Vergleich mit einer Standseilbahnkonstruktion die wirtschaftliche Rentabilität nachgewiesen werden.
Mit Hilfe der Konzeptstudie konnte nachgewiesen werden, dass die Entwicklung eines individuellen Personentransportsystems die bisher vorhandene Lücke im Nahtransportbereich für bestimmte Einsatzszenarien zu schließen in der Lage ist. Dies geht gleichzeitig mit einer erheblichen Komfortsteigerung für die Fahrgäste durch die individuelle Beförderung einher. Auf Basis bereits vorhandener, meist der Fördertechnik entlehnter Komponenten könnte gemäß der in der Studie vorgeschlagenen Konfiguration ein auch wirtschaftlich konkurrenzfähiges System entstehen. Dazu bedarf es allerdings noch weitergehender Untersuchungen, die ab einem gewissen Stadium durch eine Pilotanlage zu Testzwecken unterstützt werden sollten.
[1] Advanced Transit Association: Personal Automated Transportation: Status and Potential of Personal Rapid Transit . www.advancedtransit.org, 200
[2] Andreásson, I.: PRT - suitable transport system for urban areas in Sweden, KFB-Rapport 38, 1998
[3] Lowson, M.: Engineering the ULTra System, www.atsltd.co.uk