Vom Menschen lernen - Für Menschen gestalten

 

Projekttyp: Gefördert durch DFG; in Kooperation mit der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und OFFIS

Forschungsfeld: Automatisiertes Fahren, Interaktionskonzepte, Einschränkungen des Fahrers

Ansprechpartner: Bianca Biebl

Projektzeitraum: 08/2020 - 05/2023

Situation

Automationssysteme im Fahrzeugkontext sind mit einem zunehmenden Grad an Autonomie ausgestattet, wobei die technische Funktionsfähigkeit weiterhin eine Einbindung des Fahrers in die Fahraufgabe zur Supervision, Unterstützung und Intervention verlangt. Bei der Gestaltung eines derartigen Human Cyber-Physical Systems (HCPS) müssen daher die Faktoren Mensch und Maschine sowie deren Interaktion berücksichtigt werden, um eine sichere und effiziente Kooperation sicherzustellen. Im Bereich der Sensorik können etwa bei unvollständiger Erfassung der Umgebung Strategien zur sicheren automatisierten Fahrzeugführung von dem Kompensationsverhalten sehbeeinträchtigter Fahrer abgeleitet werden. Demgegenüber haben HCPS das Potential zur Unterstützung von Fahrern mit sensorischen Beeinträchtigungen wie Teilausfällen des visuellen Gesichtsfelds. Derartige Defizite können unter bestimmten Bedingungen kompensiert werden, wobei die zugrundeliegenden Faktoren zur Kompensationsfähigkeit noch unklar sind und der Ausgleich der Beeinträchtigungen zu einer hohen kognitiven Belastung führt. Eine große Menge an gleichzeitig zu verarbeitenden Informationen während der Fahraufgabe kann wiederum die Auswahl einer geeigneten Entscheidungsstrategie für das Ausführen anspruchsvoller Manöver (z.B. die Einfahrt in Kreuzungen) beeinflussen. 

Zur Ausschöpfung des Potentials von HCPS für die gegenseitige Kompensation dieser technischen und menschlichen Limitationen ist das Vertrauen der Nutzer in das System grundlegend, um die Akzeptanz und eine bestimmungsgemäße Verwendung sicherzustellen. 

Ziele

„Vom Menschen lernen“ bezeichnet in diesem Projekt zum einen die Untersuchung des Verhaltens seheingeschränkter Fahrer zur Ableitung von Kompensationsstrategien für eine unvollständige Erfassung der Umgebung durch Sensoren. Zum anderen soll analysiert werden, in wieweit die Auswahl von Entscheidungsstrategien von der momentanen kognitiven Belastung bedingt wird und in wieweit Fahrer diesen Zusammenhang beeinflussen können. Der dritte Fokus liegt schließlich auf der Identifikation von Maßnahmen zur Förderung des Nutzervertrauens in ein automatisiertes System.

„Für Menschen gestalten“ bezeichnet in diesem Projekt die Ableitung von Richtlinien zur Gestaltung eines individualisierten Automationssystems, welches sich an die individuellen und situationsspezifischen Bedürfnisse von Fahrern anpasst und so Defizite auf perzeptueller oder kognitiver Ebene kompensieren und Vertrauen fördern kann. Dieses Automationssystem soll schließlich validiert werden, um final ein Modell des Zusammenhangs von Perzeption, kognitiver Arbeitsbelastung, Entscheidungsstrategien und Vertrauen beim Navigieren von Kreuzungen mit einem HCPS zu generieren.

Vorgehen

Zur Realisierung dieser Ziele werden an allen drei beteiligten Institutionen Probandenstudien in einem Fahrsimulator durchgeführt, wobei alle Projektpartner ein gemeinsames Rahmenkonzept aus verwendeten Kreuzungsszenarien und untersuchten Zielgrößen verwenden (z.B. Fahrverhalten, Blick- und Scanning-Verhalten, Herzaktivität, Vertrauen, etc.). Darüber hinaus findet eine Anpassung des Versuchsdesigns an den jeweiligen Forschungsschwerpunkt der Projektpartner statt (z.B. Durchführung im MRT-Scanner, Testung seheingeschränkter Personen, etc.). Die Definition eines derartigen gemeinsamen Frameworks vor Durchführung der Studien erlaubt im Anschluss eine nahtlose Zusammenführung der Ergebnisse zur gemeinsamen Modellierung der analysierten Faktoren.