Neutralisierungsanlage

Testbett für Forschung im Bereich prozesstechnischer Anlagen

Kurzbeschreibung

Die Verfügbarkeit von Anlagen ist eines der höchsten Ziele jedes Anlagenbetreibers. Eine Verfügbarkeitssteigerung ist möglich, wenn  der aktuelle Zustand jedes Sensors, Aktors und des Produkts bis hin zur gesamten Anlage eingeschätzt werden kann und Fehler­kompensations­maßnahmen vor oder auch im Fehlerfall durchgeführt werden, um den Anlagen­betrieb aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig soll in allen Situationen die geforderte Produktqualität erreicht werden. Diese Anforderungen übersteigen die Leistungs­fähigkeit heutiger Diagnosesysteme oder Asset Management Systeme (AMS)  und erfordern neue und innovative Methoden, basierend auf aktuellen und zukünftigen Technologietrends, wie Datenaggregation, -auswertung, Machine-to-Machine Kommunikation und Visualisierungs­konzepte.

Ein Forschungsziel des Lehrstuhls im Bereich Wissensbasiertes Asset Management System ist es, neue Diagnosemethoden zur oben beschriebenen Datenaggregation  zu erforschen. Neue datengetriebene Analysetechniken werden entwickelt, die aus den Daten Störungscharakteristiken ermitteln können. Störungscharakteristiken sind nicht nur Merkmale, die eine Störung beschreiben, sondern beinhalten auch die Symptome einer Störung, die Auswirkung einer Störung auf vor- und nachgelagerte Prozesse und ebenfalls die Störbeseitigungsmaßnahmen durch Beobachtung der Eingaben des Anlagenbedieners im Fehlerfall. Die analysierten Störungscharakteristiken werden in das Wissensbasierte Asset Management System übertragen und während des Anlagenbetriebs eingesetzt, um Störungen frühzeitig und automatisiert zu erkennen. Im Sinne der Self-Healing Machine® werden automatisch Kompensationsstrategien eingeleitet, um die Betriebszeiten der Anlage zu erhöhen. 

Um die Forschungsmethoden zu entwickeln, zu testen und zu verbessern wird ein verfahrenstechnischer Demonstrator am Lehrstuhl für Automatisierung und Informationssysteme genutzt. Der Demonstrator neutralisiert Säuren und Basen, die in einem Reaktor gemischt werden. Im Gegensatz zu Laboranlagen verfügt die Neutralisierungsanlage über reale und industrierelevante Feldkomponenten, wie Pumpen, Ventile, Temperatur- , Füllstand-, Durchfluss- und ph-Wertsensoren, die auch in der verfahrenstechnischen  Industrie eingesetzt werden. Zusätzlich verfügt die Anlage über eine Siemens Steuerung mit PCS7. Die Neutralisierungsanlage wird aktuell für die Anwendung von DeltaV® von Emerson Process Management und zusätzlicher Diagnosepakete erweitert. Als Feldbus wird aktuell Profibus DP/PA eingesetzt. Das derzeit durchgeführte Retrofit sieht eine heterogene Architektur vor. Zukünftig werden Feldbussysteme wie Foundation Fieldbus und Wireless HART ebenfalls zur Verfügung stehen. Zudem werden Feldgeräte ausgetauscht, um  eine heterogene  Struktur intelligenter Feldgeräte zu schaffen, die  die Neutralisierungsanlage noch realisitischer gegenüber Industrieanlagen gestaltet.

Ziel ist es, die Neutralisierungsanlage als Testbett für den prozesstechnischen Forschungsbereich im Rahmen der CPPS Aktivitäten des Lehrstuhls (https://www.mw.tum.de/ais/cpps-diagnose-und-visualisierung/) zu nutzen.

Forschung und Praxis – Echte industrielle Anwendungen sind das Ziel

Herausforderungen bestehen nicht nur bei der Erforschung neuer Methoden innerhalb der Forschungsschwerpunkte des Lehrstuhls und der Anwendung an (sterilen) Laboranlagen, sondern auch in der Machbarkeit im realen und rauen industriellen Umfeld. Hierbei unterstützen uns langjährige und vertrauensvolle Kooperationen mit mehr als 30 namenhaften nationalen wie internationalen Unternehmen – von der Fertigungstechnik, über die Verfahrenstechnik, bis hin zu hybriden Prozessen. Besonders im Zusammenhang mit dem aktuellen Retrofit der Anlage wollen wir uns bei der Samson AG, der Bayer Technology Services GmbH und der Emerson Process Management GmbH & Co. OHG für die Bereitstellung von Komponenten, Ideen, Wissen und Zeit herzlich bedanken.