Intelligenter Nervenlokalisator - Entwicklung eines Systems zur Erleichterung des Aufsuchens von Nerven
Konstruktive / Experimentelle Diplom- / Semester- / Master- / Bachelorarbeit betreut durch Jiaxi Shi und Tim Lüth.
Problemstellung
In der Medizin werden Nerven unter bestimmten Situationen aufgesucht / identifiziert. Beispielsweise in der Neuro- oder HNO-Chirurgie werden oft in der Nähe von Nerven operiert. Um die Nerven besser zu schützen, werden sie intraoperative aufgesucht / identifiziert. Eine weitere Situation ist in der Regionalanästhesie, die Lokalanästhetikum in der Nähe vom Nerv zu dosieren.
Das Aufsuchen / Identifizieren erfolgt in der Neuro- / HNO-Chirurgie häufig durch elektrische Stimulation. Dabei werden die vermutete Strukturen mit einer Stimulationsprobe, über die ein pulsierender Strom (oder Spann-ung) durchfließt, berührt. Unter Umständen wird die kleinste Stimulationsstärke (auch als Stimulationsschwelle), die noch eine Muskelaktivität auslöst, manuell ermittelt. Je nach der Stimulationsstärke kann die Distanz zwischen der Stimulationsstelle und dem Nerv ungefähr abgeschätzt werden. Bei einer Regionalanästhesie wird die elektrische Stimulation neben anderen Methoden wie anatomische Landmarken, Paräs-thesie und Ultraschallbildgebung verwendet. Die Stimulation dient zu dem Aufsuchen des Punktionsortes und der Festlegung des Endpunktes während der Nadelinsertion. Dabei wird auch die kleinste Stimulationsstärke, die gerade noch eine sichtbare muskuläre Zuckung / Bewegung auslöst, manuell bestimmt.
Die Ermittelung der Stimulationsschwelle erfolgt manuell und ist zeitaufwendig. In der Regionalanästhesie ist die Beobachtung der sichtbaren Bewegung qualitativ und subjektiv. Die Stimulationsstärke ist relativ hoch bei der Bestimmung der Punktionsstelle, um eine sichtbare Zuckung / Bewegung auszulös
Aufgabenstellung
Ziel dieser Arbeit (SA, BA, DA oder MA) ist die Entwicklung eines intelligenten Nervenlokalisators. Der Nervenlokalisator bestimmt automatisch die Stimulationsschwelle durch die Auswertung der Muskelaktivitäten aus einem Nervmonitor. Zusätzlich bei der Regionalanästhesie wird die Beobachtung auch durch die quantitative Auswertung der Muskelaktivitäten ersetzt. Die Arbeit umfasst noch die experimentelle Verifizierung des Nervenlokalisators am Probanden für das Nervaufsuchen mit transkutaner Stimulation.
In dem ersten Teil dieser Arbeit soll ein System (Nervenlokalisator) entwickelt werden. Die Abbildung 3 zeigt eine mögliche schematische Darstellung der Daten- und Signalflüsse im Betrieb an. Ein kommerzieller Nervstimulator dient hier als eine konstante Stromquelle und liefert einen manuell einstellbaren Strom (Amplitude Is). Der mikrocontrollerbasierte Nervenlokalisator soll einerseits in der Lage sein, die Amplitude Is zwischen -Is und Is automatisch einstellen zu können. Anderseits soll er die EMG-Signale aus einem kommerziellen EMG-Messgerät (z.B. einem Nervmonitor) erfassen und auswerten können. Nach einer Analyse der EMG-Signale mit einem bestimmten Algorithmus in der Echtzeit wird die Stimulationsschwelle an jeder Stelle ermittelt werden. Eine Stimulationsschwelle wird dem Anwender akustisch und visuell signalisiert. Diese Signalisierung gibt einen Hinweis auf die Nervenlokalisation.
In einem experimentellen Teil dieser Arbeit wird das System im Vergleich zum bisherigen manuellen Verfahren getestet werden. Dabei werden der Zeitaufwand bei einer gängigen Durchführung und die Genauigkeit der Lokalisierung an Probanden nicht-invasiv untersucht. Zusätzlich soll der Zusammenhang (Erwartung in der Abbildung 4 dargestellt) zwischen der Nerv-Elektrode-Distanz und der Stimulationsschwelle mit dem Nervenlokalisator bestimmt werden. Beim Experiment soll der Einfluss von der Elektrodengröße, -platzierung, Feuchtigkeit und Patientenindividualität auf dem Zusammenhang analysiert werden.
Abgrenzung
Die Studienarbeit umfasst den Entwurf, die Realisierung eines Systems zur Erleichterung des Aufsuchens von Nerven, und experimentelle Untersuchung an Probanden. Die Dokumentation soll im Hinblick auf eine Zulassung nach dem Medizin Produkte Gesetz MPG erstellt werde. Die Zulassung sowie die Erstellung der gesamten Zulassungsunterlagen sind nicht der Bestandteil dieser Arbeit.
Anwendung
Das entwickelte System kann für das Aufsuchen von Nerven in der chirurgischen Eingriffe und in der regionalen Anästhesie eingesetzt werden. Zusätzlich können das System und die Erkenntnisse aus den Experimenten in der Leistungssteuerung von chirurgischen Instrumenten genutzt werden.
Erwartung
Für die Bearbeitung der genannten Aufgabe wird folgendes erwartet:
· Intuitive Bedienbarkeit des Nervenlokalisators.
· Algorithmus zur schnellen Bestimmung der Stimulationsschwelle.
· Elektrische Sicherheit und elektromagnetische Vertraglichkeit des Systems.
· Ausführliche Dokumentation der einzelnen Schritte.
· Strukturiertes Vorgehen.
Wird ein Ziel nicht erreicht, dann soll dieser Umstand ausreichend begründet werden. Das Erreichen bzw. Nichterreichen des Ziels soll untersucht und dokumentiert werden, sodass fundierte Aussagen über die Eignung oder über eine notwendige Änderungen gemacht werden können.
Vorgehen
1. Recherche des Stands der Technik / Forschung im Bereich der Nervenstimulation und EMG-Monitoring.
2. Systementwurf und –realisierung des Nervenlokalisators.
3. Durchführung der Experimente.
4. Bewertung und Dokumentation der Ergebnisse.
5. Anfertigung der schriftlichen Ausarbeitung.
Ergebnisse
· Ein Nervenlokalisator mit Dokumentation.
· Dokumentation der Experimente
· Studienarbeit
Referenzen
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