Forschungsberichte
Standzeit und Teilequalität beim Lochen von Feinblechen mit keramischen Schneidstempeln
Dieter Loibl
132 Seiten | 0 Abbildungen | Hieronymus Buchreproduktionsverlag, München, 2003 | ISBN 3-89791-328-3 |
Im Rahmen dieser Forschungsarbeit wurde ein Vergleich der Standmengen und der Oberflächenqualität von Keramikstempeln mit denen konventioneller Schneidstoffen aus Werkzeugstahl und Hartmetall beim Lochen von Feinblechen durchgeführt.
Zum Einsatz kamen zwei Zirkonoxidkeramiken sowie zwei Si3N4-Keramiken. Als Blechwerkstoffe wurden Stähle, eine Aluminium- und eine Kupferlegierung ausgewählt.
Erkenntnisse:
Keramische Werkstoffe können grundsätzlich als Schneidstempelwerkstoffe eingesetzt werden. Sie erzielten deutlich höhere Standmengen als HM- und HSS-Stempel beim schmierstoffarmen oder trockenen Schneiden der Aluminiumlegierung, da die Metallstempel schon nach sehr kurzer Zeit kalt aufschweißen und in der Stempelführungsbuchse fressen. Der Effekt tritt zwar bei Keramikstempeln ebenfalls auf, allerdings viel langsamer und später, da durch die eng tolerierte Führung der Schneidstempel und ihr chemisch inertes Verhalten gebildete Aufschweißungen beim Rückhub abgestreift werden.
Die mechanische Belastungsgrenze der Keramikstempel ist niedriger als die der konventionellen Schneidstempel aus Hartmetall. Als Grenzfall erweist sich der Versuch mit dem Dualphasenstahl DP 500 in einer Blechdicke von 1,5 mm. Die Si3N4-Stempel haben wegen der höheren Oberflächenhärte gegenüber den ZrO2-Stempeln grundsätzlich geringeren Abrasivverschleiß und die Manteloberfläche trotz Volumenverlustes nicht auf, da ein Eigenpoliereffekt aufgrund der eingelagerten Glasphase entsteht. Der Nachteil der Si3N4-Stempel ist ihre geringe Schlagzähigkeit, weshalb sie nur beim Schneiden von Aluminium ohne Ausbrüche an den Schneidkanten bleiben.
Bei gleicher Schneidkraftbelastung wirkt sich der Faktor Zugfestigkeit des Blechwerkstoffs deutlich negativer als der Faktor Blechdicke aus. Bei der Verwendung von keramischen Schneidstempeln ist daher auch allerhöchste Steifigkeit und Präzision bei der Auslegung und Fertigung des Werkzeuggestells gefordert. Wegen der naturgemäß geringen Elastizitäten und Zähigkeiten reagieren die Keramikstempel empfindlicher als die konventionellen Schneidstoffe auf Verlagerungen, Verkippungen und Durchbiegungen im Werkzeug.
Keramische Schneidstempel erreichen bei allen Versuchsreihen mit Blechwerkstoffen aus Stahllegierungen einen höheren Glattschnittanteil (plus ca. 10 bis 15 %) und eine höhere Oberflächenqualität in der Glattschnittfläche. Wegen der höchsten Oberflächenhärte erzielen Si3N4-Stempel die besten Oberflächenergebnisse. Die Grathöhe ist grundsätzlich nur vom Zustand der Schneidmatrizen abhängig und auch die Kanteneinzugshöhe ist unabhängig vom Schneidstempelwerkstoff und für jeden Blechwerkstoff konstant.
Unter Berücksichtigung aller Einflussfaktoren und ermittelten Leistungsdaten schneidet die Keramik ZrO2 Cerazur® am besten ab. Für geringe Schneidkraftbelastung und Aufschweißneigung des Blechwerkstoffes bieten sich wegen der höheren Oberflächenhärte und des Selbstpoliereffekts Stempel aus Si3N4-Keramik an.
Mit der Verwendung von keramischen Stempelführungsbuchsen kann für schmierstoffarmes /-loses Schneiden von Aluminiumlegierungen eine nochmalige Standmengenerhöhung erwartet werden. Aufgrund noch enger einstellbarer Führungstoleranzen zwischen Buchse und Stempel als bei Stahlführungsbuchsen kann die Aufschweißneigung werkzeugtechnisch weiter gesenkt werden.
Der Vorteil geringer Dichte der keramischen Werkstoffe bietet die Möglichkeit, in sehr schnell laufenden Pressen die bewegten Werkzeugmassen und die damit verbundenen auftretenden Massenkräfte erheblich zu reduzieren. Weiterhin bergen die Eigenschaften der Keramiken Potenzial für das Zerteilen von Blechen.