Forschungsberichte

Untersuchung des Einflusses der Pressenelastizität auf den Einarbeitsprozess von Karosseriewerkzeugen

Matthias Träger

118 Seiten 0 Abbildungen Hieronymus Buchreproduktions GmbH, München, 2007 ISBN 978-3-89791-368-4

Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit lassen sich wie folgt zusammenfassen: Ein flexibles Messsystem zur Erfassung von Kenngrößen an Karosseriepressen wurde konzipiert und umgesetzt. Das Messsystem ist in seinem Umfang an Sensorik, dem Aufbau des Datenerfassungssystems, die Konstruktion von Montagehilfsvorrichtungen sowie der dazugehörigen Software an den Einsatz durch Personal von Instandhaltungsabteilungen angepasst. Entsprechend kann in kurzer Zeit mit hoher Zuverlässigkeit der Zustand einer Karosseriepresse erfasst und dokumentiert werden . Die Möglichkeiten des Systems müssen durch eine intensive Anwendung und kritische Hinterfragung der Messdaten hinsichtlich der Diagnose verschiedener pressenspezifischer Fehlfunktionen erweitert werden.

Das Messsystem wurde zur Erfassung des Durchbiegungsverhaltens unterschiedlicher Karosseriepressen eingesetzt wobei sich deutliche Abweichungen des elastischen Verhaltens zeigten. Im Rahmen der Aufnahme des Durchbiegungsverhaltens konnte eine hohe Abweichung zwischen den Messwerten und mit einem zur Verfügung stehenden FE-Modell berechneten Werten festgestellt werden. Ziel der Arbeit war es den Einfluss der unterschiedlichen elastischen Eigenschaften der Umformmaschinen auf den Prozess der Werkzeugeinarbeit und die entstehende Teilequalität zu untersuchen.

Zu diesem Zweck wurde ein großflächiges Karosserieteilewerkzeug mit Dehnungsmesssensorik ausgestattet und dessen Veränderungen in der Wirkflächengeometrie der einzelnen Werkzeugteile während des Einarbeitsprozesses mit Hilfe der Anwendung eines optischen Messverfahrens beobachtet. Dabei konnte ein negativer Einfluss des manuellen Polierens der Stempelwirkfläche auf eine Übereinstimmung mit der CAD-Geometrie festgestellt werden . Auf Basis der gemessenen Geometrien wurden virtuelle Tuschierbilder erstellt. Dabei konnte vor dem Zusammentuschieren von Stempel und Matrize eine Abweichung im inneren Bereich des Werkzeugs festgestellt werden, die sich danach in die Außenbereiche des Werkzeugs verschob.

Um ein vollständiges Bild des Wechselwirkungsverhaltens zwischen Werkzeug und Presse zu erhalten wurde ein auf Ersatzmodelle zurückgreifendes FE-Modell des Gesamtsystems Presse-Werkzeug-Werkstück beim maximalen Prägedruck erstellt. Für die Berücksichtigung des elastischen Verhaltens der Tisch- und Stößelflächen der Umformmaschinen wurde ein 2-dimensionales Modell, dessen Parameter durch die Anwendung des Näherungsverfahrens nach Ritz eingestellt wurden, verwendet. Für die Kontaktbedingungen zwischen Stempel und Matrize wurde ein auf der Basis der Tuschierbilder formuliertes bereichsweise definiertes Modell vorgestellt. Das Simulationsmodell konnte auf Basis der Dehnungsmessungen am Werkzeug sowie der Verformungen unter der Belastung durch das Pressenvermessungssystem verifiziert werden.

Auswirkungen der Durchbiegung von Pressentisch und -stößel auf die Werkzeugwirkfläche konnten festgestellt werden. Aufgrund der nachgewiesenen geringeren Steifigkeit der Werkzeugteile passt sich die Kontur der Umformwerkzeuge stets an die Form der Aufspannflächen der Umformmaschine an. Erst die Kombination des eingearbeiteten Tuschierbilds mit der Verformung der Wirkflächen führt zu einer gleichmäßigen Ausbildung des Kontakts zwischen den Wirkflächen von Stempel und Matrize. Bei den untersuchten Pressen spielen dabei die unterschiedlichen Steifigkeiten der Maschinenteile keine Rolle.

Ein Einfluss des elastischen Verhaltens auf die Teilequalität kann nicht direkt festgestellt werden. Unabhängig von der Größe der elastischen Verformungen kann ab einer bestimmten Minimalkraft die identische Teilequalität erzeugt werden. Allerdings sind in Bereichen mit geringeren Druckbelastungen beim Prägen höhere Rückfederungsanteile festzustellen. Eine Änderung der Druckverteilung ist jedoch beim untersuchten Werkzeug nur in Folge der veränderten Werkzeuggeometrie festzustellen.

Falls im Prozess der Werkzeugeinarbeit ein Tuschieren zwischen Stempel und Matrize stattfinden soll, könnten die Verwendung von virtuellen Tuschierbildern und eine darauf abgestimmte Bearbeitung der Werkzeuge zu einer höheren Effizienz führen. Eine Berücksichtigung der Verformung der Aufspannflächen der Umformmaschinen wäre dabei unbedingt erforderlich. Die Durchbiegung im Bereich der Werkzeugwirkfläche müsste spiegelbildlich in die Werkzeugwirkflächen eingearbeitet werden.

Zur Absicherung der vorgestellten Schlussfolgerungen sind Vergleichsuntersuchungen in größerem Umfang notwendig, so dass ein breiteres Spektrum von Kombinationen von Pressensteifigkeiten und Wirkflächengeometrien von Werkzeugen und deren Wechselwirkungen bekannt sind.